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KI-Ausbildung in Schulen: die Überlebenskompetenz für unsere Kinder

Unser Kollege Thomas Krampe ist Director Managed Service - und Vater. Er fragt sich in seinem neuen Blogbeitrag, wie wir die kommende Generationen besser auf den Umgang mit KI vorbereiten können und schaut sich an, welche Länder es richtig gut machen.
Ein Beitrag von Thomas Krampe

Als Vater, der selbst seit Jahrzehnten in der Informationstechnologie arbeitet, sehe ich die digitale Transformation nicht nur als Business-Strategie, sondern als existenzielle Frage für die nächste Generation. Unsere Kinder wachsen in einer Welt auf, in der Künstliche Intelligenz bald so selbstverständlich sein wird wie das Betriebssystem eines PCs – nur eben viel mächtiger und leider auch nicht immer ausreichend präzise oder wahr. Und es ist ja nicht so, als würden unsere Kinder nicht bereits KI an Lehrern und Eltern vorbei nutzen.

Meine ehrliche Sorge, während wir in Deutschland noch über die Qualität von WLAN (wenn es denn überhaupt vorhanden ist) in Schulen oder sogar über Handyverbote streiten, bilden andere Länder ihre Kinder bereits in strategischen KI Themen aus. KI-Kompetenz ist für unsere Kinder das, was eine solide Berufsausbildung für uns war, die Grundlage für ein selbstbestimmtes Leben.

Mit diesem Artikel möchte ich beleuchten, wie zum Beispiel andere Nationen diese Herausforderung angehen, wo wir in Europa und Deutschland aus meiner Sicht stehen und welche konkreten Maßnahmen wir jetzt ergreifen sollten, damit unsere Kinder nicht zu bloßen Anwendern, sondern zu Gestaltern werden.

Internationale Strategien: Wer baut die beste Zukunfts-Infrastruktur?

Wenn ich mir anschaue, welche Länder die Zukunftsfähigkeit ihrer Kinder wirklich priorisieren, führt Deutschland die Liste nicht nur nicht an, sondern steht nicht mal drauf. Die Vorreiter begreifen KI-Ausbildung als eine nationale Pflicht. Ich habe mir mal drei Länder angeschaut und was dort über KI Ausbildung bisher so berichtet wurde:

USA

Fokus der KI-Ausbildung in Schulen: Fähigkeit zur Anwendung und Ethik. Integration von digitalem Denken und Datenanalyse ab der Mittelstufe. Die Kinder lernen, KI als Werkzeug zu nutzen. (siehe https://www.whitehouse.gov/articles/2025/09/major-organizations-commit-to-supporting-ai-education/)

Was ich als Vater sehe: Die Kinder lernen spielend mit KI umzugehen, arbeiten damit und verstehen die Logik dahinter.

Vereinigte Arabische Emirate (VAE)

Fokus der KI-Ausbildung in Schulen: KI wird als nationales Pflichtfach angeboten. Frühe Einführung von Robotik, Coding und KI-Grundlagen auf nationaler Ebene, oft in Partnerschaft mit globalen Tech-Unternehmen mit dem Ziel, sich wirtschaftlich abzuheben. (siehe https://www.unite.ai/uae-makes-ai-classes-mandatory-from-kindergarten-the-world-needs-to-follow/)

Was ich als Vater sehe: Hier wird KI als Rohstoff und Investition in die Zukunft behandelt. Es gibt einen klaren, zentral gesteuerten Fahrplan. Keine Zeit für föderale Diskussionen.

Finnland

Fokus der KI-Ausbildung in Schulen:Breitenkompetenz und digitale Souveränität. Programme, die alle Bürger mit den Grundlagen der KI versorgen, mit dem Fokus auf das Verständnis der Technologie und ihrer Anwendung. (siehe https://theaitrack.com/ai-in-finland-education-global-model/)

Was ich als Vater sehe: Finnland sorgt dafür, dass seine Bürger mündig und mit der Technologie offen umgehen. Die Kinder sollen wissen, wie ein solcher Algorithmus arbeitet, um nicht von ihm manipuliert zu werden.

Fazit: Alle Vorreiter integrieren KI bereits in den Unterricht und legen Wert auf die kritische, ethische Anwendung. Es geht in der Regel darum, die Kinder mit einem entsprechenden Werkzeugkasten für die Zukunft auszustatten.

Europäische Rahmenwerke vs. Deutsche Schulbank-Realität

Europa versucht mit dem AI Act einen ethischen Rahmen zu setzen. Das ist gut und wichtig – unsere Kinder müssen lernen, dass Vertrauen in Systeme nicht leichtfertig gegeben werden sollte, sondern alles auch geprüft werden muss. Die ethische Urteilsfähigkeit zu erlernen, ist ein notwendiges Fundament.

Wo hapert es in Deutschland?

Ich sehe drei Hauptprobleme, die unsere Kinder teuer bezahlen lassen könnten:

  1. Strukturelle Geschwindigkeit: Der Föderalismus ist beim schnellen Rollout neuer, vitaler und agiler Lehrpläne eine Bremse. Während andere Länder bereits implementieren, diskutieren wir, welches Bundesland welche Zuständigkeit hat.
  2. Die "User Experience“ der Bildung: Ich rede hier nicht über eine schicke Schul-App. Ich rede von der Verlässlichkeit der Basis. Wie soll mein Kind KI-Modelle trainieren, wenn die Schul-WLANs wackeln und die Hardware fünf Jahre alt ist? Schlechte Ausstattung führt zu mangelnder Akzeptanz bei Schülern und Lehrern.
  3. Lehrer sind keine KI-Experten: Unsere Lehrer sind die tragende Säule, aber sie können nur lehren, was sie selbst beherrschen. Ohne eine verpflichtende, schnelle und praxisnahe Fortbildungsoffensive für alle Fächer, bleibt das Thema und somit unsere Kinder auf der Strecke.

Die notwendigen Maßnahmen, wie ich sie sehe: Eine 3-Säulen-Roadmap

Um den Rückstand schnell und effektiv aufzuholen, müssen wir jetzt strategisch und lösungsorientiert handeln.

1. Säule: Das KI-Curriculum (Was wird gelehrt?)

KI muss in jedem Fach sichtbar werden, nicht nur in der Informatik.

  • Logik und Algorithmen: Einführung von Computergestütztes Denken ab der Grundschule. Es geht um die logische Denkweise, um große Herausforderungen in kleine, handhabbare Schritte zu zerlegen undzu strukturieren, dass sie von einer Maschine, und letztlich auch von einem Menschen, systematisch gelöst werden können. Kurz gesagt, wie denkt ein Computer?
  • Praktische KI-Anwendung: Im Geschichtsunterricht Texte analysieren, in Mathe Wahrscheinlichkeiten von KI-Modellen bewerten, in Deutsch die Gefahren von Deepfakes diskutieren. Die Kinder nutzen doch aktuell bereits KI an den Lehrer und der Schule vorbei, warum nutzen wir nicht dieses bereits geweckte Interesse?
  • Ethik: Ein Pflichtmodul, das lehrt, die Ergebnisse von KI zu hinterfragen und nicht blind zu akzeptieren. Wie kann zum Beispiel eine KI sich selbst kontrollieren.

2. Säule: Die Turbo-Fortbildung (Wer lehrt?)

Wir brauchen keine zehn Jahre, um eine neue Lehrergeneration auszubilden. Wir müssen jetzt die bestehenden Talente in den Schulen nutzen.

  • Der "KI-Evangelist" an jeder Schule: Gezielte, intensive Schulung von 2-3 Lehrern pro Schule/Standort, die als Ansprechpartner und Trainer für das Kollegium dienen.
  • Lernmodule aus der Praxis: Nutzung von fertigen, von der Industrie entwickelten Lernmodulen und Online-Kursen, die Lehrern sofortiges, relevantes Wissen liefern. Es ist alles bereits vorhanden, es muss nur genutzt werden.

3. Säule: Die Cloud-Infrastruktur (Womit wird gelernt?)

Für das alles brauchen wir entsprechende Rechenleistung für KI-Experimente, und die ist heute natürlich Cloud-basiert.

  • Skalierbare Cloud-Lernumgebungen: Schluss mit lokalen Servern, die gewartet werden müssen. Wir brauchen sichere, datenschutzkonforme Cloud-Plattformen, die sofortigen Zugriff auf die nötige Rechenleistung für Datenanalysen und Modell-Training ermöglichen.
  • Hardware als Priorität: Investitionen in Endgeräte und stabile Netzwerke müssen verbindlich und zeitnah erfolgen. Nur wo die Technologie funktioniert, wird sie auch akzeptiert, genutzt und somit auch gelernt.

Mein Fazit: Es geht um nicht weniger als das Recht auf Zukunftsfähigkeit

Als Vater fordere ich, dass wir die KI-Ausbildung nicht länger als Randthema betrachten, sondern als grundlegendes Bildungsrecht. Es geht darum, dass unsere Kinder in der Lage sind, ihre berufliche und gesellschaftliche Zukunft aktiv mitzugestalten, anstatt nur die Werkzeuge zu bedienen, die andere entwickelt haben.

Die Strategie ist bekannt, die Technologie ist verfügbar. Es scheitert am Willen zur schnellen, unbürokratischen Umsetzung und der Bereitstellung der notwendigen Ressourcen. Wir müssen jetzt nur noch den ersten Schritt machen.

Ich möchte abschließend ein wenig zur Diskussion anregen. Es sollen keine politischen Grundsatzdebatten werden, ich möchte nur gern auch die Meinungen von anderen Eltern mit Techy-Hintergrund kennenlernen. Um den Beginn der Diskussion etwas einfacher zu machen, hier ein paar Fragen, die mich persönlich besonders interessieren.

  • Ist der Föderalismus in Bildungsfragen noch tragbar, wenn es um die Geschwindigkeit der Anpassung an globale Technologien geht?
  • Wie können wir die Akzeptanz und die Weiterbildungsbereitschaft von Lehrkräften am besten fördern, ohne sie zu überlasten?
  • Was ist die wichtigste ethische Frage, die wir unseren Kindern in Bezug auf KI zuerst beibringen müssen?
  • Sind wir bereit, private Ressourcen (Experten, Industriepartnerschaften) unbürokratisch in die Schulausbildung zu integrieren?

Ich freue mich auf Antworten und Meinungen.


Thomas Krampe

Director Managed Services